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Windenergie aus der Metropolregion Hamburg Wie Energiebranche und Industrieunternehmen die Energiewende gemeinsam vorantreiben

Windenergie aus der Metropolregion Hamburg

In der Ostsee und im Hamburger Hafen werden gerade neue, hochmoderne Windkraftanlagen errichtet, die zeigen, wie Unternehmen in und um Hamburg die Energiewende weiter beflügeln. Mit Blick auf die Windenergieanlagen im Industriehafen Hamburgs spricht der Erste Bürgermeister Olaf Scholz sogar öfters von der „Windhauptstadt Hamburg“. Das Cluster Erneuerbare Energien Hamburg stellt wichtige Wind-Akteure im Hamburger Hafen vor und berichtet über technische Neuerungen beim gerade im Bau befindlichen Wikinger Windpark bei Rügen.

Neuer Windpark in der deutschen Ostsee

Derzeit wird der dritte Windpark in der deutschen Ostssee errichtet – der Offshore-Windpark Wikinger rund 30 Kilometer nordöstlich von Rügen. Ausgestattet sind die insgesamt 70 Windkraftanlagen mit den Hinderniskennzeichnungen der Firma Reetec aus Bremen. Die Hinderniskennzeichnung zur Sicherheit der Luftfahrt ist in Deutschland genau vorgeschrieben: Anlagen ab einer Gesamthöhe von 100 Metern müssen mit weithin sichtbaren Leuchten bestückt sein. Reetec lieferte für den Wikinger Windpark unter anderem so genannte Gondelfeuer, die nachts rot blinken, Hindernisbefeuerungen am Turm sowie die dazugehörige Steuerung.

Ein neues Gefahrfeuersystem „RE-LED2“ von Reetec wurde im vergangenen Jahr von Ingenieuren des Bremer Unternehmens entwickelt. RE-LED2 verfügt über eine verbesserte Kommunikation: Über ein Webinterface kann das System direkt aus der Leitwarte überwacht und konfiguriert werden. Das vereinfacht die Anpassung an lokale und internationale Vorschriften. Außerdem kann bei Störungen die Ursache über das Webinterface gut eingegrenzt werden, was insbesondere im Offshore-Bereich Zeit und Kosten spart. Mit dieser Innovation rückt Reetec einem der Kernziele der Windbranche wieder ein Stück näher, Windenergie insgesamt kostengünstiger zu machen. Eine ganz neue Generation von Hinderniskennzeichnungsleuchten ist zurzeit in der Entwicklung und wird schon bald der Öffentlichkeit vorgestellt.

Als Pionier der Branche fertigt und entwickelt Reetec bereits seit 1998 Hinderniskennzeichnungen für Windkraftanlagen. Das ist auch der Grund, weshalb sich der Windturbinen-Hersteller Adwen in Bremerhaven für Reetec als Zulieferer für den Wikinger Park entschied. Zu der längjährigen Erfahrung kommt die regionale Verankerung als weiteres Plus dazu. So entstand eine lokale

Wertschöpfungskette von der deutschen Nordseeküste – von Bremen über Bremerhaven – zur deutschen Ostsee. Dort soll der Wikinger Park in Zukunft Strom für 350.000 Haushalte liefern.

Heute beschäftigt Reetec 175 Mitarbeiter, Tendenz steigend, denn das Unternehmen sucht permanent Mechaniker und Elektroinstallateuere mit guten Englischkenntnissen für den Einsatz in ganz Europa. Als Spezialisten für Winkparks an Land und auf See kennen die Fachleute von Reetec Windkraftanlagen. „Von der elektrotechnischen Planung und Netzanbindung über die elektrische und mechanische Montage der Anlagen bis hin zur Hinderniskennzeichnung und dem Rotorblatt-Service bietet Reetec seinen Kunden ein breites Portfolio an Dienstleistungen. Seit 1996 ist Reetec im Schwerpunkt ein Windenergie Serviceunternehmen an Land und auf See“, sagt Detlef Lindenau, Geschäftsfüherer von Reetec. Seit 2007 ist Reetec Teil der EDF Energies Nouvelles Gruppe.

Pionierleistung: Windräder mitten im Hamburger Industriehafen

Im Hamburger Hafen realisiert der städtische Energieversorger Hamburg Energie in diesem Jahr sechs neue Windenergieanlagen im Hafen. Geschäftsführer Michael Beckereit sagt dazu: „Die Energiewende in Deutschland findet häufig auf der grünen Wiese statt. Wir können Energiewende auch mitten in der Stadt.“ Mit den sechs neuen Windrädern wächst der Hafenwindpark von Hamburg Energie auf insgesamt elf Anlagen. „Wir werden dann über 50 Prozent des Strombedarfs unserer gut 100.000 Kunden in eigenen regenerativen Anlagen erzeugen“, so Beckereit.

Aluminiumhütte arbeitet mit Windenergie seit Februar 2017

Drei der neuen Anlagen wurden auf dem Gelände der Aluminiumhütte von Trimet Aluminium SE in Altenwerder errichtet und bereits im Februar in Betrieb genommen. Der besondere Standort, mitten im industriellen Umfeld des Hafens, erforderte umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen. So sind die Windkraftanlagen für den Fall eines Brandes mit zwei Erkennungssystemen – dem Siemens-Branderkennungssystem, das als Standard bei Onshore-Anlagen gilt, und einem weiteren aktiven Brandbekämpfungssystem ausgestattet. Dieses verfügt über eine unabhängige Branderkennung und eine aktive Löschanlage, die zudem direkt die Feuerwehr alarmiert. Außerdem wurden umfassende Maßnahmen zum Schutz vor Eisabwurf integriert – es sind drei Eiserkennungssysteme verbaut, die bereits kleinsten Eisansatz detektieren können. Bei Eisschlaggefahr im Winter stoppen die Rotoren automatisch, und die Maschinenhäuser drehen in eine sichere Parkposition. Außerdem werden Warnleuchten im Eisabfallbereich aktiviert, ein Kamerasystem zur Fernüberwachung installiert und die Unternehmen zur Info kontaktiert, sobald Probleme auftreten.

„Die Herausforderung bei den Windenergieanlagen auf dem Gelände der Aluminiumhütte Trimet bestand darin, neben dem laufenden Industriebetrieb eine Anlage zu errichten, die komplexe Sicherheitsanforderungen und höchste Genehmigungsauflagen erfüllt. Die Errichtung der Anlagen ist der Nachweis, dass Hamburg Energie selbst komplexeste und innovative Projekte erfolgreich umsetzen kann. Die Möglichkeit, die Hafenkulisse als Projektleiter regenerativ zu gestalten, begeistert mich und bildet die Motivation für zukünftige Vorhaben", sagt Ansgar Lieberei, Fachgebietsleiter Sonderprojekte, Hamburg Energie GmbH.

Mit einer Gesamthöhe von 199 m vom Boden bis zur Flügelspitze zählen die drei Windkraftanlagen bei Trimet zu den größten in Hamburg. Zum Vergleich: Der Durchmesser des Rotors ist größer als die Elbphilharmonie hoch ist, wobei die Rotorfläche der Größe eines Fußballfelds entspricht. Zusammen produzieren sie 28 Millionen Kilowattstunden pro Jahr. Das entspricht einem Strombedarf von rund 10.000 Hamburger Haushalten.

Neue Windkraftanlagen auf dem Stahlwerksgelände– Baubeginn im April 2017

Hamburg Energie baut drei weitere Windräder auf dem Gelände des Stahlwerks ArcelorMittal Hamburg in Waltershof. Ende April beginnt die Tiefgründung und das Ausheben der Baugruben für die drei Windkraftanlagen. Dann werden zunächst die Fundamente betoniert – annähernd 100 Betonmischer pro Fundament werden aufs Werksgelände fahren und ihre Ladung in die Baugruben entleeren. Vier Wochen danach, sobald die Fundamente ausgehärtet sind, werden die Anlagen voraussichtlich im Juli und August mit einem großen Kran nacheinander errichtet. Nach dem Netzanschluss kann der Betrieb direkt aufgenommen werden. „Wir gehen davon aus, dass mit den drei geplanten Nordex-Anlagen insgesamt etwa 23.000 Megawattstunden im Jahr erzeugt werden“, erklärt Projektleiter Kimmo Palmu. Die geplante Energiemenge entspricht dem jährlichen Strombedarf von über 8.200 Haushalten. Auch bei diesem Bauprojekt steht die Sicherheit der Arbeiter und der Produktionsstätten an erster Stelle. Außerdem bedurfte es aufgrund der Nähe zum Airbus-Standort Finkenwerder und dem dortigen Flugverkehr der Zustimmung der Deutschen Flugsicherheit. Erst nach der Klärung aller sicherheitstechnischen Fragen konnte das Projekt genehmigt werden.

Containerterminalbetreiber mit eigener Windenergieanlage

Die eigenen Energiekosten zu senken – das war das Ziel des Eurogate-Container-Terminals Hamburg, als er 2013 in eine eigene Windenergieanlage investierte. Die Anlage der Firma Nordex hat eine Leistung von 2,4 Megawatt. Sie führt zu einer CO2-Einsparung von 4.600 Tonnen pro Jahr. Der jährliche Energieertrag beläuft sich auf 8,7 Millionen Kilowattstunden.

Eurogate ist der erste Containerterminal, der eine eigene Windenergieanlage betreibt und den Grünstrom selber nutzt. Dadurch ist das Unternehmen unabhängiger von den Preisentwicklungen für Strom und Energie und leistet gleichzeitig einen positiven Beitrag zum Umweltschutz.


Energieautarkes Klärwerk dank Windkraft

Bereits 2011 hat Hamburg Wasser das selbst gesteckte Ziel eines energieautarken Klärwerks erreicht, indem die letzte Lücke in der Energieversorgung mit Hilfe der Windenergie geschlossen wurde. Auf dem Gelände des Klärwerks Dradenau wurden 2010 zwei Winkraftanlagen gebau; vier Jahre später kam die dritte Anlage im Klärwerk Köhlbrandhöft dazu. Das moderne Windrad des Herstellers Nordex vom Typ N117/3000 ist für Onshore-Standorte noch weiter optimiert und liefert unter gleichen Standortbedingungen über 40 Prozent mehr Energie als der vier Jahre ältere Typ.

Alle Windenergieprojekte haben die eigenen Planungsingenieure von Hamburg Wasser umgesetzt und dabei neues Expertenwissen aufgebaut. Das Klärwerk ist mit einem Stromverbrauch von etwa 80 GWh pro Jahr der größte Verbraucher im Konzern Hamburg Wasser. Diesen Verbrauch komplett aus regenerativer Energieerzeugung zu decken, hat zweifellos einen erheblichen ökologischen Nutzen. Dank der Windkraft wird in der Jahresbilanz auf dem Klärwerk mehr Energie erzeugt, als es verbraucht. Dabei ist der Standort trotzdem weiterhin abhängig von der öffentlichen Stromversorgung, weil die schwankende Energiequelle Wind naturgemäß nicht jederzeit genau den Bedarf decken kann. In Zeiten, in denen die Stromproduktion den Stromverbrauch übertrifft, wird die dann erzeugte Überschussenergie in das öffentliche Stromnetz eingespeist.

Aber auch in wirtschaftlicher Hinsicht rentieren sich die umgestzten Projekte schnell. Selbst wenn man die Betriebs- und Kapitalkosten der neuen Erzeugungsanlagen einbezieht, haben sich die Gesamtkosten für die Energieversorgung des Klärwerks innerhalb weniger Jahre nahezu halbiert.

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