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Rückblick 5. Forum "Offshore-Wind and Hydrogen - Insights into South Korea"

Südkorea hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Der Ausbau erneuerbarer Energien soll dabei eine wichtige Rolle spielen. Noch ist der Anteil an inländischer Bruttostromproduktion gering. Doch die Regierung will das ändern und hat u.a. die erneuerbare Entwicklung und Nutzung zum Fokus der nationalen Energiepolitik erklärt. Für die Bundesregierung ist Südkorea eines der wichtigsten Partner bei der energiewirtschaftlichen bzw. -politischen Zusammenarbeit. Deutsche Unternehmen mit Hamburger Wurzeln wie RWE und Siemens Energy sind Vorreiter u.a. beim Ausbau von Offshore-Windenergie vor Ort.
Um Einblick in die erneuerbare Landschaft zu ermöglichen und Geschäftspotenziale auf dem südkoreanischen Energiemarkt für weitere Unternehmen auszuloten, lud das EEHH-Cluster in Kooperation mit der KOTRA - Korean Trade-Investment Promotion Agency zum 5. Forum Internationales „Offshore-Wind and Hydrogen – Insights into South Korea” am 7. November ein.
ByungWook Jung, Deputy General Manager der KOTRA, ging in seiner Begrüßungsrede auf die traditionelle Handelsbeziehung zwischen Südkorea und Hamburg und die gemeinsame Verantwortung und Ziele zur Klimaneutralität ein.
Deutsch-koreanische Energiepartnerschaft
In einem Fachvortrag gab Jana Narita von adelphi eine Einordnung zur deutsch-koreanischen Energiekooperation. adelphi ist ein unabhängiger Think-Tank, der im Auftrag des BMWKs-Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, die bilaterale Energiepartnerschaften, u.a. zwischen Deutschland und Südkorea, betreut. Während sich beim primären Energieverbrauch und der Stromnachfrage eine vergleichbare Menge abzeichnet, liegt Deutschland beim erneuerbaren Anteil am Strommix heute (53%) und der installierten Windkapazität (66,2 GW) weiter vorne. Zum Vergleich: 8% des Stroms in Südkorea wird aus erneuerbaren Quellen produziert; die Gesamtleistung der Windenergie beträgt 1,8 GW.
Die geografischen Bedingungen in Südkorea sprechen besonders für den Ausbau von Offshore-Windenergie: eine lange Küstenlinie, ein Meeresgebiet, das fast achtmal so groß wie das deutsche, und gute Windgeschwindigkeiten. Seit langem verfolgt Südkorea ambitionierte Pläne für Offshore-Wind. Vor allem vor den Küsten von Ulsan, Sinan und Süd-Jeolla sollen in den nächsten Jahren große Offshore-Windparks gebaut werden. Im Wasserstoffsektor ist der strategische Fokus kurz- bis mittelfristig auf die Produktion von Brennstoffzellenfahrzeugen und den Aufbau von entsprechender Infrastruktur z.B. Wasserstofftankstellen gelegt.
Verbesserte Regulatorik für Offshore-Wind
In der zweiten Keynote beleuchtete Fabian Paehr, Senior Associate von Hogan Lovells International LLP, marktregulatorische Besonderheiten der koranischen Offshore-Industrie. Hogan Lovells ist eine internationale Wirtschaftskanzlei, die Unternehmen bei der Entwicklung von Offshore-Windprojekten weltweit unterstützt. Als Referenz: Hogan Lovells beriet 2023 Northland Power Inc. und Yushan Energy Company Ltd. bei der Entwicklung des 1GW-Offshore-Windparks Hai Long in Taiwan.
Die koreanische Regierung startete in diesem Oktober eine neue Offshore-Ausschreibung (festes Fundament 1GW und 500MW Floating-Technologie) und nahm Änderungen bei den Gebotskriterien vor. Beispielsweise werden zukünftig Wartung und Industrielle Wirtschaftseffekte stärker ins Gewicht des Kriterienkatalogs fallen. Öffentliche Akzeptanz und Preis hingegen werden ein wenig an Bedeutung verlieren. Bemerkenswert ist, dass „Local Content Requirement“ für internationale Projektentwickler nun entfällt bzw. nicht mehr als rechtlich bindende Regelung gilt. Der Hintergrund ist eine starke industrielle Basis und Infrastruktur wie Hafen, Schiffbau- und Zulieferindustrie, von denen der Offshore-Ausbau profitieren kann. Mit diesem Schritt möchte Südkorea den Einstieg internationaler Unternehmen auf koreanischem Offshore-Markt erleichtern.
Anders als in Deutschland ist der koreanische Strommarkt ein zentral regulierter. Das staatliche Energieversorgungsunternehmen KEPCO ist nicht nur der einzige Stromproduzent und -lieferant, sondern auch alleinverantwortlich für den Ausbau der Infrastruktur, z.B. die Netzanbindung. Eine Zeitlang durften die Independent Power Producer (IPP) wie Offshore-Entwickler den grünen Strom ausschließen an KEPCO verkaufen. Seit 2022 wurde der Strommarkt ein Stückchen liberalisiert; PPAs (Power-Purchase-Agreements) sind nun erlaubt. Das komplexe und langwierige Genehmigungsverfahren wurde bislang von internationalen Projektentwicklern bemängelt und sorgte für häufige Verzögerungen bei den Vorhaben. Zur Beschleunigung der Offshore-Genehmigung wird derzeit die Einrichtung eines One-Stop-Shops (zentrale Anlaufstelle) auf nationaler Ebene diskutiert.
Aufbau einer südkoreanischen Wasserstoffwirtschaft
Wie südkoreanische Unternehmen sich auf die Wasserstoff-Ära vorbereiten, ließ sich in der letzten abschließenden Präsentation von Taiho Na, Leader Hydrogen von POSCO, erahnen. Die nationale Wasserstoffstrategie der koreanischen Regierung legt den Schwerpunkt auf die Produktion von sauberem Wasserstoff, der Aufbau von Verteilungs- und Speicherinfrastruktur sowie die Ausweitung vom Wassereinsatz in Mobilität, Stromerzeugung und Transport. Mit der Wasserstoffstrategie möchte Südkorea noch bis 2030 zu einem Weltmarktführer für Brennstoffzellenautos- und busse werden. In diesem Jahr wurde erstmals ein Gebotsverfahren für die Produktion von sauberem Wasserstoff eröffnet, die durch öffentliche Zuwendung und Steuervergünstigung gefördert wird. Mehrere koreanische große Industriekonzerne wie Lotte Chemical, Samsung und KPECO sind durch internationale Kooperation in diversen Projekten zur Erzeugung von blauem und grünem Wasserstoff in der APAC-Region involviert.
Als Koreas größter Stahlhersteller setzte POSCO sich zum Ziel, bis 2050 Net-Zero-Ziel zu erreichen. POSCO ist auch ein Mischkonzern mit einem bereiten Geschäftsspektrum, von Stahl, Energie bis hin zum Industriehandel und Lithium-Batterie. Laut POSCO wird für die Dekarbonisierung des Energiesektors bis 2050 etwa 14 Mio. t. Wasserstoff benötigt, welches der Hälfte des gesamt nationalen Wasserstoffbedarfs entspricht. Ein weiterer großer Nachfragebereich ist die industrielle Anwendung. Die Statistik von POSCO zeigt, dass Südkorea 70% des Wasserstoffbedarfs durch Importe aus dem Ausland bedienen muss – eine ähnliche Herausforderung, vor der Deutschland steht.
Die Nutzung von Wasserstoff bedeutet für POSCO das Commitment zum Klimaschutz und den Beitrag zur Stärkung unternehmerischer Wettbewerbsfähigkeit. Mit der Einführung des Hydrogen Reduction Processes (HyREX) legt POSCO den Grundstein für die klimaneutrale Stahlproduktion. Bei der HyREX-Technologie handelt sich es darum, die traditionellen Einblaskohle durch Wasserstoff als Reduktionsmittel im bestehenden Hochofenprozess zu ersetzen. Zusammen mit britischem Maschinen- und Anlagenbauer PRIMETALS Technologies wurde 2022 die erste Demonstrationsanlage gebaut. Ihre Technische Verifizierung und Optimierung sowie eine Skalierung laufen derzeit. Ab 2028 soll der kommerzielle Betrieb starten und daraus grüner Stahl produziert werden. Die koreanische Regierung unterstützt das Projekt „HyREX“ mit steuerlicher Förderung.
Für die Wasserstoffproduktion fehlt noch ein konkreter Fördermechanismus. POSCO and andere koreanische Unternehmen richten den Blick auf internationale Kooperation bzw. Projekte im Ausland. In der Asien-Pazifik, Amerika und Nahem Ost verfolgt POSCO die Pläne zur Erzeugung von blauem und grünem Wasserstoff und seinen Derivaten wie Ammoniak. In einem Konsortium u.a. mit Samsung und Engie unterzeichnete POSCO 2023 eine Vereinbarung mit Omans staatlichem Wasserstoffentwickler Hydrom über den Aufbau und Betrieb einer Produktionsanlage von grünem Wasserstoff mit einer Laufzeit von 47 Jahren. Die Anlage soll in einer kleinen Hafenstadt Duqm, die 450km südwestlich von Hauptstadt Maskat liegt, entstehen und der erzeugte Wasserstoff soll auf dem Seeweg nach Südkorea transportiert werden. Die Grundsteinlegung und Inbetriebnahme sind jeweils für 2027 und 2030 vorgesehen.
Angesichts des zu erwartenden Hochlaufs hat POSCO Europa, insbesondere Deutschland, fest im Blick. Verhandlungen mit interessierten Offtakern finden bereits statt.