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Wasserstoffschlepper im Hamburger Hafen Projekt der Fairplay Towage Group

Schlepper, die Containerriesen und andere Seeschiffe in und aus dem Hafen geleiten, gehören fest zu Hamburgs Stadtbild. Diese beeindruckenden Spezialschiffe sollen nun auch umweltfreundliche Antriebe mit Wasserstoff bekommen. Einen Einblick in das Projekt gibt Andree Hessling, Head of Newbuild & Innovation bei der Fairplay Towage Group.

Wasserstoffschlepper im Hamburger Hafen
Die Schleppreederei plant die Anschaffung wasserstoffbetriebener Schiffe. Bildcredit: Fairplay Towage Group

Herr Hessling, welche Bestrebungen hat die Fairplay Towage Group im Bereich der alternativen Antriebe?

Wir treiben derzeit ein Projekt voran, bei dem wir mehrere wasserstoffbetriebene Schlepper in unsere Flotte aufnehmen wollen. Dabei setzen wir auf Dual Fuel Motoren. Mit diesem annähernd emissionsarmen Antrieb möchten wir uns vom Wettbewerb abheben und unsere Flotte sauberer machen.

Wo stehen Sie derzeit in dem Projekt?

Wir haben mit Motorenherstellern gesprochen und die Projektskizze erstellt. Damit haben wir uns auf ein für uns glaubend passendes Förderprogramm des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) beworben. Sofern wir einen positiven Förderbescheid bekommen und einen wirtschaftlichen Betrieb sicherstellen können, könnten wir bereits Ende 2024/Anfang 2025 die ersten drei Schlepper betreiben. Die Bauzeit wird ca. 15 Monate betragen. Weitere Schiffe würden sukzessive folgen.

Wie entstand die Idee zu diesem Projekt?

Unser Gesamtkonzept ist ein Novum: Wir haben ein Hybridkonzept, welches sich zusammensetzt aus einem Dual-Fuel betriebenen Motor und entsprechender Elektroantriebstechnik. Durch ständigen Kontakt und Austausch mit Motorherstellern haben wir Inspirationen gefunden und haben uns tiefer mit dem Thema Wasserstoff beschäftigt. Zum annähernd gleichen Zeitpunkt wurde bereits ein ähnlicher Prototyp hinsichtlich des Wasserstoffbetriebes für den Hafen von Antwerpen entwickelt.  Wir möchten die erste Schleppreederei in Deutschland sein, die ihre Dienste mit so einem nachhaltigen Konzept Seeschiffsassistenzdienste anbietet. Viele reden von Wasserstoffprojekten, doch scheuen die Investitionen. Es muss dringend jemand anfangen, doch die Politik ist gefragt, Investitionen zur Emissionsreduzierung zu unterstützen. Dazu gibt es einige Ideen seitens der potenziellen „Macher“ welche an die Verantwortlichen aus Landes -u. Bundespolitik weitergetragen werden oder bereits schon wurden.

Welche Eigenschaften sind bei dem Schlepper besonders wichtig?

Er muss und wird das Gleiche können wie ein konventionell betriebener Schlepper. Im Anforderungsprofil gibt es keine Einschränkungen – wir können ihn beispielsweise auch als Feuerlöschschlepper an LNG- und anderen Produkt-Terminals sowie zum Eskortieren und Eisfreihalten des Hafens einsetzen. Im Interesse der Sicherheit ist es unabdinglich, dass wir Redundanzen haben. Das bedeutet, dass wir den Motor mit bis zu 85 Prozent Wasserstoff, aber auch mit 100 Prozent Fuel betreiben können, falls der Wasserstoffkreislauf unterbrochen sein sollte. Insbesondere solange es noch keine flächendeckende Tankstelleninfrastruktur gibt, ist dies wichtig. Ein Vorteil ist auch, dass die Bebunkerung schnell geht. Wir nutzen dafür Flaschenracks an Deck anstelle integrierter Tanks.

Können Sie noch einige technischen Details zum Motor verraten? Wären nicht Brennstoffzellen oder Wasserstoffderivate wie Methanol als Betriebsstoff möglich?

Der Motorbetrieb reduziert im höchsten Maße die uns unerwünschten Emissionen, wie z.B. Kohlendioxid, Kohlenwasserstoffe, Stickoxide usw. Vom Motorprinzip unterscheidet sich der Motor zu einem konventionellen Motor gleicher Leistungsklasse unwesentlich. Wir denken auch über weitere Wasserstoffderivate, wie zum Beispiel Methanol nach und beginnen diesbezüglich gerade ein neues Projekt, wozu es zunächst aber noch nichts Konkretes gibt. Brennstoffzellen sind aktuell noch nicht leistungsfähig genug für unsere Zwecke, aber auch da sind wir schon mit namenhaften Herstellern im Austausch. Beides ist aber perspektivisch – in fünf bis sieben Jahren – für die Langstrecke interessant. Bei Brennstoffzellen schauen wir gespannt auf die Entwicklungsarbeit in der Luftfahrtindustrie und hoffen auf branchenübergreifende Kooperationsmöglichkeiten.

Im Interview

Mein Name ist Andree Hessling ich bin gebürtiger Cuxhavener und seit über 26 Jahren im Schleppergeschäft tätig. Nach meiner Zeit im Marinefliegerdienst bin ich als leitender Technischer Offizier auf fast allen Schleppertypen der damaligen Schlepp-und Bergungs-Reederei BUGSIER eingesetzt gewesen und gefahren. Dabei habe ich von Bergungskränen,Verschleppungen und über Einsätze in Nord- und Ostsee sowie an der Atlantikküste und im Mittelmeer alles miterlebt. Des Weiteren war ich vier Jahre auf dem Hochseebergungsschlepper „OCEANIC“ als Leitender Technischer Offizier tätig und bei zwei Bergungen an Bord.

Vom Wasser aufs Land wechselte ich im August 2005 in die Inspektion als technischer Inspektor, wo ich später auch die Leitung der Gesamtinspektion Nautik und Technik für die FAIRPLAY TOWAGE übernahm. Seit dem 01. Januar 2023 hat nun die nächste FAIRPLAY-Ära für mich begonnen: Ich bin seit dem Head of Newbuild & Innovation. Mit meinen vielfältigen und langjährigen Erfahrungen aus der Seefahrt werde ich die nachhaltige Ausrichtung der FAIRPLAY-Flotte maßgeblich bestimmen.

Über Oliver Schenk

Profilbild zu: Oliver Schenk

Ich bin verantwortlich für den Bereich Marketing Wasserstoff und sorge dafür, dass die hiesigen Projekte und Formate in der Metropolregion Hamburg und darüber hinaus wahrgenommen werden. Um dem vielversprechenden Energieträger zum Durchbruch zu verhelfen unterstütze ich die Wasserstoffwirtschaft mit redaktionellen Beiträgen, Netzwerkveranstaltungen, Videoproduktionen und vielem mehr.

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