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„Wasserstoff ist in Raumfahrt üblicher Energieträger“ Interview mit Björn Nagel, Deutsches Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR)

Im folgenden Interview berichtet Björn Nagel vom DRL über aktuelle Forschungsprojekte im Bereich Luftfahrt.

„Wasserstoff ist in Raumfahrt üblicher Energieträger“
Björn Nagel (DLR)

EEHH: Bitte skizzieren Sie kurz Ihre Laufbahn in der Luftfahrt! Seit wann hegten Sie die Faszination für das Fliegen?

Björn Nagel: „Ich bin schon seit klein auf vom Fliegen fasziniert. Als Jugendlicher habe ich mit dem Segelfliegen begonnen und ab dann war klar, dass ich meine Leidenschaft zum Beruf machen will. Ich habe an der TU Braunschweig Luft- und Raumfahrttechnik studiert und bin dort über die Akademische Fliegergruppe als Student mit dem Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt e.V. (DLR) in Kontakt gekommen. Seit 2003 forsche ich beim DLR in verschiedenen Positionen und leite seit 2017 unser Institut für Systemarchitekturen in der Luftfahrt im Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung Hamburg (ZAL).“

EEHH: Welche Rolle spielt die Digitalisierung in der modernen Luftfahrt?

Björn Nagel: „Die Luftfahrt ist durch starke interdisziplinäre Wechselwirkungen charakterisiert. Bedeutende Verbesserungen von der Energie- und der Kosteneffizienz sowie der Sicherheit konnten dadurch erzielt werden, dass Technologien immer raffinierter miteinander kombiniert und Synergiepotenziale ausgeschöpft wurden. Für die Integration von revolutionären Technologien wie Wasserstoff ist es notwendig, die gesamte Architektur des Systems Luftfahrt vom Entwurf über die Produktion und den Betrieb grundlegend neu zu denken und die Synergien zwischen allen Technologiebausteinen erneut zu finden. Dafür müssen wir es schaffen, das enorme Potenzial der neuen digitalen Entwurfserfahren (wie MBSE, KI und perspektivisch auch Quantencomputing) in der praktischen Anwendung auszuschöpfen.“

EEHH: Auf unserer Konferenz geht es um die Anwendungsfelder von Wasserstoff. Inwieweit arbeitet das DLR schon mit Wasserstoff?

Björn Nagel: „Wasserstoff ist in der Raumfahrt ein üblicher Energieträger. In diesem Kontext verfügt das DLR über eine jahrzehntelange Erfahrung von der Simulation bis hin zu großskaligen Experimenten. Der Technologietransfer in die Luftfahrt ist aber anspruchsvoll, da hier ganz andere Anforderungen gelten etwa hinsichtlich eines langfristigen Betriebes, der Sicherheit und der Kosten.“

EEHH: Welche Pilotprojekte betreiben Sie?

Björn Nagel: „Die Klimawirkung der Luftfahrt wird nicht nur durch die Menge an ausgestoßenem Kohlenstoffdioxid bestimmt, sondern auch durch andere Emissionen wie Stickoxide und Wasserdampf sowie die Flugtrajektorie. Welche Betriebskonzepte mit welchen Flugzeugen erlauben einen klimaneutralen Betrieb? Diese Frage muss beantwortet werden, um zu verstehen, in welchen Marktsegmenten Wasserstoff der effizienteste Energieträger ist und für welche Randbedingungen die Antriebssysteme auszulegen sind. Volumen und Gewicht stellen eine besondere Herausforderung an die Integration von Wasserstofftanks im Flugzeugentwurf dar. Darüber hinaus sind aber auch Aspekte wie Herstellung, Zertifizierung und Wartung mit zu betrachten. Wir erforschen die Realisierbarkeit aller sinnvoller Technologien, um die besten Lösungswege in der klimaneutralen Mobilität zu identifizieren.

Im Zusammenspiel der 54 DLR-Institute können wir einen Großteil der Luftfahrt simulationsbasiert auf hohem Detaillierungsgrad abbilden. Insbesondere bei neuen Technologien sind jedoch auch realitätsnahe Experimente notwendig. Beispielsweise errichten wir gemeinsam mit Lufthansa Technik und dem ZAL ein Wasserstoff Innovations Labor in Hamburg. Das ist ein Airbus A320, in dem wir die Bodenprozesse und Wartungsaspekte von Wasserstoffsystemen erproben. Die Erkenntnisse dieser Experimente führen wir wieder in die digitale Welt und den Entwurf zukünftiger Produkte zurück.“

EEHH: Welche Ziele verfolgen Sie?

Björn Nagel: „Unser Ziel ist es, die verschiedenen aussichtsreichen Lösungen der klimaneutralen Luftfahrt zu identifizieren und dafür notwendige Technologiebausteine zu entwickeln. Insbesondere für die Erforschung grundlegender neuer Technologien ist eine sehr enge Zusammenarbeit mit den Universitäten essenziell. Sobald eine hinreichend große Technologiereife erreicht ist, übernehmen Industrie und Mittelstand die kommerzielle Produktentwicklung.“

Björn Nagel ist Referent auf dem Hamburger Cross-Cluster-Event „Anwendung von Wasserstoff in Hamburgs Industrieclustern“ am 5. Mai 2022. Melden Sie sich jetzt noch an unter:

https://www.erneuerbare-energien-hamburg.de/de/events/details/anwendung-von-wasserstoff-in-hamburgs-industrieclustern.html

Über Astrid Dose

Profilbild zu: Astrid Dose

Reden, schreiben und organisieren – und das mit viel Spaß! So sehen meine Tage beim EEHH-Cluster aus. Seit 2011 verantworte ich die Öffentlichkeitsarbeit und das Marketing des Hamburger Branchennetzwerkes. Von Haus aus bin ich Historikerin und Anglistin, mit einem großen Faible für technische Themen.

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