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„Wasserstoff ist ein Wachstumsmarkt“ Interview mit Carina Meyer, Head of Gaspool/Global Gas beim Logistikdienstleister HOYER Group

Die Wasserstoffbedarfe in Industrie und Logistiksektor werden in den kommenden Jahren weiter steigen. Unternehmen sind auf Spezialisten für den Transport auf Schiene und Straße angewiesen, insbesondere solange es keine flächendeckenden Pipelinenetze gibt. Ein Anbieter macht sich fit für die steigenden Bedarfe und kann sich dabei auf jahrzehntelange Erfahrung verlassen.

„Wasserstoff ist ein Wachstumsmarkt“
Die HOYER Group setzt u. a. solche Ammoniak-Container ein. Grüner Wasserstoff kann in diesem Derviat vergleichsweise einfach transportiert werden. Credit: HOYER

Die HOYER Group Geschäftsführung gibt den Wasserstoff-Bereich als zentralen Wachstumsmarkt an. Wie bereitet sich Ihr Unternehmen auf den steigenden Transportbedarf vor?

Es ist für uns kein neuer Markt, wir sind in dem Markt bereits seit circa 30 Jahren tätig. Sowohl bei gasförmigem, als auch bei tiefkalt verflüssigtemWasserstoff haben wir in den vergangenen Jahrzehnten viele Erfahrungen gesammelt. Die HOYER Group verfolgt die globale Entwicklung seit langem, und wir wollen in diesem Bereich weiter wachsen. Unsere Bestandskundschaft investiert üblicherweise in eigene Behälter, die wir für sie transportieren – ergänzend bauen wir eine eigene neutrale Flotte aus Trailern und Containern auf, die jedem Kunden zur Verfügung steht. Wir wachsen, damit unsere Kunden wachsen können. Hierzu stehen wir in engem Austausch mit Kunden und Fahrzeugherstellern in Hinblick auf die technische Entwicklung und schulen unser Personal, insbesondere die Fahrerinnen und Fahrer, fortlaufend.

 

Spielt der klimaneutrale Energieträger Wasserstoff nur als Transportgut eine Rolle für Sie oder auch als Treibstoff?

Unsere Nachhaltigkeitsstrategie sieht eine deutliche Reduzierung des CO2-Austoßes und die Umstellung unserer Fahrzeug-Flotte auf alternative Antriebe vor. Wir haben bereits CNG- und LNG-Zugmaschinen im Einsatz, auch e-fuels spielen eine Rolle. Wir schauen natürlich auch auf Wasserstoff- bzw. Brennstoffzellenantriebe, hier ist kritische Punkt allerdings die noch fehlende Gefahrgutzulassung - da sind wir abhängig von den behördlichen Prozessen, und haben deshalb für diesen Transformationspfad noch keinen festen Zeitplan. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir in den kommenden Jahren erste wasserstoffbetriebene Fahrzeuge mit ADR-Zulassung im Fuhrpark haben werden.

 

Allgemein gefragt – welche besonderen Anforderungen stellt der Transport von gasförmigem bzw. flüssigem Wasserstoff an einen Logistikdienstleister?

Entweder wird der Wasserstoff mit 200 bar aufwärts verdichtet oder in Kryotanks mit großer Kälte (-252°C) transportiert. Bei flüssigem Wasserstoff (LH2) ist die begrenzte Haltezeit die größte Herausforderung: Hier muss die Transportdauer zwischen Be- und Entladung so kurz wie möglich gehalten werden. Der Großteil der heutigen Wasserstofftransporte erfolgt in verdichteter Form, auch da LH2-Transport wesentlich kostenintensiver ist. Hier könnte es – abhängig von den weiteren Marktentwicklungen - in den kommenden Jahren eine Verschiebung geben. Wir werden darauf bestens vorbereitet sein.

 

Wie sieht es mit der Gefährdung aus – stellen der Transport und das Handling von Wasserstoff ein größeres Risiko da als von anderen Stoffen?

Der Transport dieses Gefahrguts stellt höchste Anforderungen an das Fahrpersonal. Das bedeutet nicht, dass Wasserstoff im Transport per se besonders gefährlich ist, da gibt es Stoffe mit größerem Gefahrenpotential. Das spezifische Risiko bei verdichtetem bzw. tiefkalt verflüssigtem Wasserstoff ist jeweils anders, aber die wasserstoffspezifischen Gefahren (wie brennbar, geruchlos) bleiben gleich. Das Handling durch geschulte Fachleute garantiert die Sicherheit bei Transport und Umschlag der Stoffe. Wir können hier auf eine langjährige Erfahrungen und kompetentes Personal zurück greifen.

 

Gibt es besondere Anforderungen in Hinsicht auf die Transportmodi Straße und Schiene?   

Alles, was containerisiert ist, lässt sich intermodal, also per Zug, Schiff und LKW transportieren. Alle unsere Container haben auch eine Bahnzulassung, und wir nutzen bereits sehr intensiv intermodale Lösungen und bauen diese auch weiterhin aus.

 

Welche besonderen Transportbedingungen bringen Derivate wie Ammoniak, Methanol und LOHC mit sich? Können Sie bereits eine Entwicklung zu Gunsten einzelner Träger erkennen?

Wir verfolgen die Entwicklung dieser Märkte genauso eng wie bei reinem Wasserstoff. Ammoniak ist ein bekanntes Produkt, das wir schon seit den 1980ern transportieren. Da es ein unter Druck verflüssigtes Gas ist, ist es – im Vergleich zu reinem Wasserstoff - relativ „einfach“ zu transportieren. Auch hier gilt: sofern die komplette Transportkette sicher mit fachkundigem Personal abgewickelt wird, ist es in sicheren Händen – und das ist bei uns gewährleistet. Zur Entwicklung: Es gibt bereits geeignete Tankschiffe. Wie auch Methanol ist Ammoniak für uns ein weiterer Wachstumsmarkt. Bei LOHC ist es abhängig von der Klassifikation, aber die bekannten (Träger-) Öle transportieren wir auch heute schon.

 

Wie wirkt sich die Ankündigung von immer mehr Ammoniakterminals perspektivisch auf Ihr Geschäftsmodell aus? Erwarten Sie eine Zunahme von mehr Ammoniak- oder Wasserstoff-Transporten?

Eine Gewichtung lässt sich noch nicht vorhersagen, es wird alles geben, soll heißen Wasserstoff und diverse Derivate – nichts ist ausgeschlossen. Wir sind so nah wie möglich am Markt, um auf die Entwicklung reagieren zu können. Wir transportieren beides und wachsen in beiden Bereichen zusammen mit unseren Kunden. Grundsätzlich erwarten wir in der Tat eine Zunahme der Transportnachfrage für beides, Ammoniak und Wasserstoff.

 

Welches Volumen Ihrer Wasserstofftransporte macht die Belieferung von Tankstellen aus? Wird sich das perspektivisch verschieben, bspw. Richtung Industrie?

Bislang gehören beide Bereiche zu unseren Kunden, also Industriekunden, Tankstellen, sowie auch Energieunternehmen. Wir gehen davon aus, dass wir in einer Übergangszeit mehr Volumina bewegen werden, bis die flächendeckende Infrastruktur in Betrieb ist. Langfristig sehen wir eine Verschiebung zum Wasserstoffpipelinenetz für große Mengen und uns eher im Bereich der Last Mile-Transporte, sowie bei intermodalen Lösungen. Auch die Tankstellen werden mehr, und müssen beliefert werden. Aber hier ist wichtig: wir handeln nicht mit den Molekülen und wollen keine Konkurrenz zu unseren Kunden sein. Wir betreiben erfolgreich, gewissenhaft und sicher Logistikdienstleistungen aus einer Hand und sind keine Experten für Broker-Tätigkeiten – und das bleibt auch so.

 

Wie oft müssen Ihre Fahrzeuge eine Wasserstofftankstelle anfahren, um diese mit Treibstoff zu versorgen?

Das lässt sich allgemein nicht beantworten. Es hängt sehr von der Lage, der Auslastung und den Abnehmern ab. Man kann allerdings grob sagen, dass wir bis zu einer Tonne verdichteten Wasserstoff pro Lieferung bewegen können.

 

Über die HOYER Group

HOYER ist seit 1946 als traditionelles, unabhängiges Familienunternehmen einer der führenden Bulk-Logistiker weltweit und verfügt als Spezialist über ein umfassendes Know-how in komplexen Dienstleistungen und eine besondere Nähe zum Kunden. Die Firmenzentrale des internationalen Logistikers ist in Hamburg. In der europäischen und weltweiten Bulk-Logistik werden umfassende Lösungen insbesondere für die Branchen Gas, Chemie, Lebensmittel und Mineralöl entwickelt und realisiert. Über 6.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Repräsentanzen in über 115 Ländern unterstützen die Kunden dabei, in den jeweiligen Märkten mit durchdachten Logistiklösungen noch erfolgreicher zu sein. HOYER verfügt über etwa 2.200 Zug-maschinen, 2.600 Tankauflieger, 50.100 IBC, 37.600 Tankcontainer und zahlreiche Logistikanlagen mit Depots, Reinigungsanlagen und Werkstätten.

https://www.hoyer-group.com/

Im Interview

Carina Meyer, Head of Gaspool/Global Gas, ist gelernte Verkehrsfachwirtin und verantwortet weltweit die Gascontainerflotte bei HOYER. Zudem ist sie mitverantwortlich für die Entwicklung des globalen, intermodalen Gasgeschäfts, und arbeitet seit ca. drei Jahren in der Projektgruppe New Energies mit.

Über Oliver Schenk

Profilbild zu: Oliver Schenk

Ich bin verantwortlich für den Bereich Marketing Wasserstoff und sorge dafür, dass die hiesigen Projekte und Formate in der Metropolregion Hamburg und darüber hinaus wahrgenommen werden. Um dem vielversprechenden Energieträger zum Durchbruch zu verhelfen unterstütze ich die Wasserstoffwirtschaft mit redaktionellen Beiträgen, Netzwerkveranstaltungen, Videoproduktionen und vielem mehr.

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