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Globaler Wasserstoffhandel in Entstehung From Hamburg to the World: EEHH besucht World Hydrogen Summit
Der World Hydrogen Summit ist eine der weltweit größten Wasserstoffveranstaltungen und in Rotterdam, dem größten Seehafen Europas, kamen in diesem Jahr mehr als 15.000 Branchenexperten zusammen. Im Fokus des Austausches standen Wasserstoffhandel, Lieferkette, Geschäftsmodelle und regulatorische Rahmenbedingungen. Für das EEHH-Cluster besuchte Sibyl Scharrer, Internationale Kooperation Wasserstoff, die Fachmesse.

Expertendialog mit US-Wasserstoffwirtschaft
Bereits im Vorfeld des World Hydrogen Summit legten mehrere internationale Delegationen u. a. aus Australien, Argentinien, Kolumbien, Finnland und Uruguay auf der Reise nach Rotterdam einen Zwischenstopp in Hamburg ein, um Einblick in die Entwicklung der Wasserstofflieferkette in Hamburg zu erhalten und bilateral Geschäftskontakte zu einzelnen Unternehmen in der Metropolregion zu knüpfen. An unterschiedlichen Austauschformaten waren die EEHH-Mitglieder MB Energy, Lother Gruppe, Hamburger Hafen und Logistik, Zentrum für angewandte Luftfahrtforschung, Hamburg Airport, European Energy, Siemens Energy, Quest One sowie Aurubis und H2Global beteiligt, so dass die ganze Breite der Wasserstofflieferkette abgedeckt wurde.
Ein besonderer Termin war der Besuch einer Delegation aus mehreren US-Bundesstaaten, die zum einen Hamburg als Wasserstoffstandort kennenlernen wollten und zum anderen am ersten Germany – US Clean Hydrogen Demand Roundtable teilnahmen, der von der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und dem Center for Houston’s Future im Rahmen der U.S.-German Climate Energy Partnership (CEP) organisiert wurde. Ziel war es, Lieferanten von sauberem Wasserstoff vor allem an der US-Golfküste mit deutschen Abnehmern von sauberem Wasserstoff, Ausrüstungsherstellern und anderen interessierten Parteien zusammenzubringen und die Zusammenarbeit zwischen US-amerikanischen und deutschen Unternehmen zu fördern.
In den Diskussionen mit der US-Delegation war eine gewisse Frustration über die neue Trump Regierung deutlich spürbar. Dennoch wurde die Hoffnung geäußert, dass nicht alle Maßnahmen der Biden Regierung zurückgenommen werden, da viele Unternehmen und Politiker im Auf- und Ausbau von Klimaschutzmaßnahmen ein erhebliches Potential für die Schaffung von Arbeitsplätzen sehen.
Ein sehr gutes Beispiel für diese Entwicklung ist der HyVelocity Hub an der Golfküste in Texas und Louisiana, der einer der von der Vorgängerregierung für Förderung ausgewählten US-Wasserstoffhubs ist. Mit dem Wasserstoffhub soll Houston ein bedeutender Exportstandort für Wasserstoffderivate werden. Dabei wird auf die bestehenden Öl- und Gasinfrastrukturen aufgebaut. Wasserstoff gilt den Befürwortern als Hoffnungsträger, die Vormachtstellung Houstons als Energiehauptstadt der USA zu sichern und gleichzeitig den alten Öl- und Gasunternehmen die Möglichkeit zu bieten, die vorhandenen Ressourcen und die Infrastruktur für die Produktion eines saubereren Kraftstoffs zu nutzen.
Die neue Wasserstoffwirtschaft verspricht Zehntausende von Arbeitsplätzen und die Chance zur nahezu vollständigen Beseitigung von Umweltverschmutzung. Im Dezember 2024 erhielt HyVelocity Hub in der ersten Förderphase 22 Mio. US-Dollar von den insgesamt 1,2 Mrd. US-Dollar des US-Department of Energy. Durch den jüngst von Washington verhängten Ausgabestopp für die Bundesförderung (IRA) für Klimaschutz und umweltfreundliche Energieprojekte herrschen jetzt erhebliche Unsicherheiten, wie der Aufbau einer Low-Carbon-Wasserstoffwirtschaft weitergehen wird.
Wasserstoffproduktion mit deutlicher Technologieoffenheit
Bei den Diskussionen auf dem World Hydrogen Summit über den Handel von Wasserstoff und seinen Derivaten wurde deutlich, dass die globalen Wasserstoffhandelsstrukturen nun mit den dezentralen Produktionsstandorten sowie die dazugehörige Wertschöpfungskette, etwa für Sicherheitstechnologie oder Kompressoren, am wachsen sind. Es präsentierten sich vor allem auf der Produzentenseite viele Projekte, die Wasserstoff und Derivate in größeren Mengen bereits kurzfristig (schon zum Ende des Jahrzehnts) oder mittelfristig herstellen können. Der noch vor wenigen Jahren befeuerte Wasserstoff-Hype ist vorbei und es wird allmählich klar, welche Projekte und Standorte tatsächlich voranschreiten.
Für Europa und Deutschland war es interessant zu erfahren, wie sich andere Abnehmermärkte wie beispielsweise Japan etablieren und für sich die Wasserstofflieferkette aufbauen. Dass der „grüne“ Wasserstoff in Europa und Deutschland als die Zauberformel für die Energiewende gilt, spielt im internationalen Kontext kaum noch eine Rolle. Bei den Gesprächen und Diskussionen wurde allgemein von Low-Carbon-Hydrogen gesprochen. Beispielsweise wiesen norwegische Partner darauf hin, dass dort aufgrund modernster CCUS-Technologie (Carbon Capture, Utilization and Storage) aus Erdgas gewonnene Wasserstoff eine bessere Klimaschutzbilanz haben kann als in anderen Teilen der Welt erzeugter „grüner“ Wasserstoff. Finale Investitionsentscheidungen (FID) werden derzeit vor allem bei Projekten zur Erzeugung vom „blauen“ Wasserstoff getroffen, um den entstehenden Markt überhaupt ins Laufen zu bringen.
In einigen Messeveranstaltungen wurde der Appell an die Politik gerichtet, zunächst den Fokus auf den Aufbau innereuropäischer Wasserstofflieferketten zu setzen. Denn die weltweiten geopolitischen Entwicklungen sorgten für große Unsicherheit und könnten die Wasserstofflieferketten beeinträchtigen.
Kritik an strengen EU-Regulierungen
An vielen Stellen wurden die negativen Auswirkungen auf den Wasserstoffmarkt durch die strengen EU-Regeln im Delegated Act zur RED II herausgearbeitet und diskutiert, wie dieser angepasst werden müsse, um den Markthochlauf zu unterstützen, ohne gleichzeitig die Klimaschutzziele zu unterlaufen. Bezüglich der Umsetzung der RFNBO-Kriterien (Renewable Fuels of Non-Biological Origin) für die Industrie und den Transportsektor in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten, wurde von vielen Teilnehmern betont, dass es vor allem im Industriesektor illusorisch sei, dass bis 2030 42 Prozent des von der Industrie verwendeten Wasserstoffs aus erneuerbaren Quellen stammen. Andere Teilnehmer mahnten einen pragmatischen Rechtsrahmen besonders für blauen Wasserstoff und Ammoniakprojekte an, um dem möglichen Risiko eines Überangebots auf dem Ammoniakmarkt frühzeitig zu begegnen, wenn die Nachfrage im Energiesektor nicht schnell genug wachse, um die weltweit steigende Produktion aufzunehmen.
Ausstellung mit hoher Internationalität
Auf der Messe im Rahmen des World Hydrogen Summit waren Länderpavillons aus allen Teilen der Welt zu finden, z. B. Australien, Kanada, Brasilien und Südkorea. Deutschland war mit einem großen Gemeinschaftsstand vertreten. Zusammen mit vier weiteren Bundesländern präsentierte sich Hamburg unter der Marke HY-5 die Wasserstofflandkarte für Norddeutschland. Mehrere EEHH-Mitglieder nahmen entweder als Messeaussteller oder Fachbesucher teil, um sich über die Industrietrends zu informieren, bestehende Kontakte zu pflegen und neue Geschäftspartner zu identifizieren.
Im Rahmen des World Hydrogen Summit wurde der Hamburger Kupferhersteller Aurubis beim World Hydrogen Award in der Kategorie „industrielle Anwendung“ für seine H2-ready Anodenöfen ausgezeichnet. Diese Art der Technologie ermöglicht den Ersatz von Erdgas durch Wasserstoff und die Reduzierung des CO2-Ausstoßes um bis zu 5000 t/Jahr.