Details

Energiewende in Japan: Wind und Wasserstoff auf Wachstumskurs „From Hamburg to the World“ – EEHH-Reise nach Japan

Japan gehört zu den führenden Industrienationen mit innovativen erneuerbaren Technologien und ist zugleich einer der weltweit größten Energieverbraucher. In vergangenen Jahren erzielte der Ausbau von erneuerbaren Energien in Japan beachtliche Fortschritte. 2022 stammte ca. 22% der Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen. Bis 2050 will das Land klimaneutral werden. Dabei muss der Anteil von erneuerbaren Energien im nationalen Strommix bis 2040 auf 40% steigen.

Energiewende in Japan: Wind und Wasserstoff auf Wachstumskurs
Andrew Birch, Yasuhiro Hattori und Jingkai Shi vor Messestand Fukushima

Die World Smart Energy Week ist die führende internationale Industriemesse in der APAC-Region für unterschiedliche erneuerbare Technologien wie Wind, Solar, Wasserstoff/Brennstoffzellen, Wärme und Biomasse. EEHH-Mitarbeiter Jingkai Shi, International Cooperation Renewables, nahm zum ersten Mal an der Messe teil und traf die EEHH-Mitglieder hep, RWE und Siemens Gamesa Renewable Energy, sowie weitere wichtige Akteure wie die deutsche Botschaft und die AHK Japan. Die Reise endete mit einem Besuch bei der Hamburgs Partnerregion Fukushima.

Durchbruch für deutsche Windunternehmen

Die japanische Regierung setzt mit ambitionierten Zielen auf den Ausbau von Offshore-Windenergie mit einer Installation von 10GW-Kapazität bis 2030 und 30GW im Jahr 2040. Vor diesem Hintergrund bietet der Markt große Chancen für deutsche Unternehmen, da deutsche Technologie und Expertise in der japanischen Windindustrie sehr gefragt sind.

Im Rahmen der Auction Round 2 wurde RWE Renewables in einem Konsortium mit Mitsui und Osaka Gas Ende 2023 das Recht für die Entwicklung, den Bau und Betrieb eines Offshore-Windprojektes vor der Westküste des Landes erteilt. Auf der zugeschlagenen Fläche soll ein Windpark mit einer geplanten Installationskapazität von 684MW entstehen; die Inbetriebnahme ist für 2029 geplant.

Zu Jahresbeginn 2024 nahm Japans größter Offshore-Windpark Ishikari den Betrieb auf. Siemens Gamesa erhielt 2022 einen Auftrag von Green Power Investment zur Lieferung von14 Windturbinen mit je 8MW Kapazität sowie einen 15-jähirgen Service- und Wartungsvertrag. Für den deutschen Hersteller markiert das Projekt auch die erfolgreiche Erschließung des japanischen Offshore-Geschäftes. Im Bereich Onshore installierte Siemens Gamesa bereits 1GW Leistung und ist derzeit unter den Top 3 der Windturbinenhersteller in Japan.

Beide Unternehmen stehen einigen Herausforderungen gegenüber. Die Offshore-Windindustrie in Japan befindet sich in einer frühen Entwicklungsphase. Bestimmte regulatorische Rahmenbedingungen und Hemmnisse müssen aus Sicht der Projektierer verbessert und abgebaut werden. Eine bessere und zentrale Koordinierung von Interessenkonflikten zwischen unterschiedlichen Nutzern des Meeresgebietes, insbesondere der Fischereiindustrie, und schnelle Genehmigung sind notwendig. Parallel zur Messewoche kündigte die japanische Regierung an, die ausschließliche Wirtschaftszone (EEZ) für zukünftige Ausschreibungen durch die Gesetzesnovellierung freizugeben. Bislang ist der Bau von Offshore-Windprojekten nur auf Hoheits- und Binnengewässer beschränkt. An der japanischen Küstenlinie befinden sich die Wasserflächen mit hohen Windgeschwindigkeiten überwiegend in tieferen Gewässern. Wenige Kilometer von der Küste entfernt fällt die Wasserstiefe von flachen Gewässern auf 500 sogar 1.000 Meter ab. Mit der Flächenerweiterung in der EEZ bietet sich die Möglichkeit zum Einsatz von Technologien der schwimmenden Offshore-Windanlagen (Floating).

Deutsche und japanische Unternehmen sind sich einig, dass die Kombination von internationaler Projekterfahrung und lokaler Kompetenz zum nachhaltigen Wachstum der japanischen Offshore-Windindustrie beitragen kann. Bereits heute findet bis zu 60% der Wertschöpfung (Komponenten/Materialien, Vessels, Fachkräfte, usw.) in Japan statt. Der weitweite Zubau von Offshore-Windenergie erfordert eine sichere Lieferkette, die sich derzeit zu 90% auf Europa und auf die APAC-Region konzentriert. Statt isolierter heimischer Märkte setzen deutsche Windunternehmen auf einen vernetzten und regionalen Wirtschaftsraum, der vor allem Japan, Südkorea und Taiwan umfasst.

Wasserstoffhochlauf ist vorerst „farblos“

Japan veröffentlichte 2017 als erstes Land eine nationale Wasserstoffstrategie und sieht in Wasserstoff seinen größten Vorteil in der Gewährleistung einer stabilen und bezahlbaren Energieversorgung und im Erreichen der Energiewende.

Damit eine schnelle und breite Wasserstoffanwendung gelingt, wird die Farbe von Wasserstoff nicht als entscheidendes Kriterium von Japan angesehen. Japan berücksichtigt Übergangstechnologien, beispielsweisegrauen Wasserstoff oder Ammoniak, das für die Dekarbonisierung der Stromsektors die primäre Rolle spielt.

Die Ammoniak-Beifeuerung bei bestehenden Kohlekraftwerken ist laut der Wasserstoffstrategie eines der strategischen Anwendungsfelder. Japans größter Energieproduzent JERA begann mit der Demonstration von der Ammoniak-Beifeuerung vor zwei Jahren und plant, die Beimischung vom Ammoniak ab 2028 auf 50% zu erhöhen, ohne dass eine signifikante technische Anpassung erforderlich ist. Langfristig sollen viele Kohlekraftwerke im Land auf eine 100%ige Nutzung von Ammoniak oder Wasserstoff umgerüstet werden.

Mit der Wasserstoffstrategie will Japan Unternehmen unterstützen, Marktführer für Zukunftstechnologien, insbesondere Brennstoffzelle und Elektrolyseur, zu werden. Die Anwendung von Brennstoffzellen in Mobilität und privatem Wohnen sowie in Elektrolyseuren für eine dezentrale Wasserstofferzeugung standen im Vordergrund der H2 & Fuel Cell Expo im Rahmen der World Smart Energy Week. Führende Industrieunternehmen wie Toyota, Mitsubishi, Chiyoda präsentierten neueste Fahrzeugmodelle und Demonstrationsanlagen. In Europa wird das wesentliche Potenzial von Wasserstoff in der Dekarbonisierung der Industrie gesehen, sodass entsprechende Projekte mit Förderprogrammen wie IPCEI gezielt unterstützet werden.

Auch Japan kann seine benötigte Wasserstoffmenge nicht ausreichend durch inländische Produktion decken. Mit potenziellen Exportmärkten wie Australien arbeiten japanische Regierung und Industrieunternehmen zusammen, um die Lieferkette für den Wasserstofftransport auf See aufzubauen und Pilotprojekte zur Wasserstofferzeugung vor Ort zu realisieren. Kurz vor der Messewoche besuchten die Hy5-Delegation und das EEHH-Cluster Enenos, einen der größten Erdölkonzerne Japans. Das Unternehmen betreibt erste Erzeugungsanlagen in der indopazifischen Region), plant durch kommerzielle Hochskalierung der Kapazität, den Wasserstoffbedarf in Japan zu bedienen bzw. Wasserstoff in Zukunft nach Europa/Deutschland liefern.

Fukushima Renewable Energy Institute

Fukushima: erneuerbare Modellregion Japans

Die verheerende Nuklearkatastrophe vor 13 Jahren löste ein umfassendes Umdenken über die Neugestaltung der Energiezukunft in Fukushima aus. Die lokale Regierung stellte 2016 den Fukushima Plan for a New Energy Society vor und erklärte den Ausbau von erneuerbaren Energien mit Schwerpunkt auf einer Wasserstoffbasierten Gesellschaft zu seiner höchsten Priorität.

Für den Wiederaufbau der Region ist internationale Kooperation von großer Bedeutung. Dies spiegelt sich in der Arbeit der EnergyAgency.Fukushima (EAF) von Anfang an wider. Seit 2018 besteht eine enge und partnerschaftliche Beziehung zwischen dem EEHH-Cluster und der EAF. Die Stadt Hamburg und die Präfektur Fukushima unterhalten eine bilaterale Vereinbarung.

Fukushima möchte sich bis 2040 mit 100% erneuerbarem Strom versorgen. Derzeit befinden sich ca. 600 Onshore-Windkraftanlagen im Bau, viele von Vestas und Siemens Gamesa. Der japanische Gaskonzern Tokyo Gas und Sinobuyama Fukushima Power evaluieren die Machbarkeit zur Installation eines Floating-Offshore-Demonstrationsprojektes mit zwei 15MW Turbinen vor der Küste von Fukushima. Ambitionierte Ausbauziele und der demografische Wandel stellen Japan vor gewaltige Herausforderungen des Fachkräftemangels. Nach Einschätzung der Fukushima O&M Academy (FOM) werden bis 2030 ca. 8.000 Windkraftanlagen mit Netzanschluss in Japan installiert. Dementsprechend bedarf es 5.000 bis 6.000 Fachkräften. Die FOM bietet das von Global Wind Energy Organisation zertifizierte Programm zur Schulung von Fachkräften für nationale und internationale Turbinenhersteller und Projektierer.

Die großen Anstrengungen in erneuerbaren Energien zahlen sich jetzt schon aus. Schon im Jahr 2020 stand Fukushima an der Spitze bei der Erzeugung von Solarenergie und sicherte sich den achten Platz bei Windkraft. Fukushima nimmt nicht nur eine Vorreiterrolle beim Ausbau ein, sondern auch als wichtiger Standort für Forschung. Das Fukushima Renewable Energy Institute (FREA), die regionale Tochter des National Institutes of Advanced Industrial Science and Technology (AIST) - vergleichbar dem Fraunhofer-Institut – forscht an aktuellen Technologien und Lösungen in den Bereichen Wind, Solar, Wärme und Wasserstoff. Mit diversen Wissenseinrichtungen des EEHH-Netzwerks, u.a. TUHH, HAW und Fraunhofer IWES, sind die Teams Wind und Wasserstoff im engen Austausch. FREA beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Metallhydrid. Ca. 3KG Metallhybrid kann 1kg Wasserstoff, erzeugt durch Elektrolyse, speichern und diesen zur Rückverstromung wieder abgeben. Dieser Ansatz ist zwar in Deutschland untypisch, aber für Fukushima eine durchaus praktikable Methode, um Energie für Notfälle wie Erdbeben zu verarbeiten.

EEHH-Mitglieder bzw. Hamburger Unternehmen, die Kontakte zu Geschäftspartnern in Fukushima suchen oder den japanischen erneuerbaren Markt generell erkundigen möchten, wird empfohlen, die Fukushima Renewable Energy Industrial Fair zu besuchen. Die Präfektur unterstützt die Teilnahme von deutschen Unternehmen mit einem Reisekostenzuschuss. Nähere Information ist auf Anfrage beim EEHH-Cluster erhältlich.

Über Jingkai Shi

Profilbild zu: Jingkai Shi

Hamburg ist die Modellregion der Energiewende und deutsche Windhauptstadt mit Verbindungen in die ganze Welt. Die lokale Erneuerbare Energien-Branche ist damit ein zentraler Partner für die internationale Energiewirtschaft. Als Ansprechpartner für internationale Kooperation im Bereich Erneuerbare Energien betreue ich die Beziehung des EEHH-Clusters zu internationalen Branchenetzwerken, unterstütze die EEHH-Mitglieder bei ihren Auslandsaktivitäten und trage mit Social-Media-Aktivitäten zu einer stärkeren Sichtbarkeit und Wahrnehmung von Hamburg auf der Weltbühne bei.

von