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Autarke Wasserstoff-Flugdrohne aus Hamburg Interview zum Projekt "H2-Bunny" mit Jörg Manthey, Director Business Development bei TECCON

Vier Partnerunternehmen entwickeln ein Gesamtsystem um eine wasserstoffgetriebene Flügeldrohne, das im Gelände aufgebaut und dort autark über mehrere Tage betrieben werden kann, um beispielsweise Gebiete oder Anlagen zu überwachen. Vor Ort produziert sie durch ein ausgeklügeltes System mit erneuerbaren Energien ihren eigenen Treibstoff. Jörg Manthey stellt im Gespräch das Projekt im Detail vor.

Moin Herr Manthey, bitte erklären Sie das Konzept des Hydro Bunny.
Bei diesem Projekt handelt es sich um ein vollständig automatisiertes, energieautarkes Betankungssystem für wasserstoffbetriebene Drohnen – speziell für den Einsatz in abgelegenen, infrastrukturschwachen Regionen. Die Drohne war das Ergebnis des Vorgängerprojektes H2-Finity – der Umbau einer Flügeldrohne mit vier Stunden Flugzeit und einer motorisierten Startrampe. Hydro-Bunny lässt sich neben der eigentlichen Drohne in drei Kernkomponenten unterteilen: Die energieautarke Versorgungseinheit im Auto-Anhänger, das automatisierte Betankungssystem und die Weiterentwicklung des Start- und Landesystems REALISE.

 

Wie kam Ihr Team auf die Idee?
An circa 61 Tagen besteht in Deutschland zwischen März und September Waldbrandgefahr. Wir wollten ein autarkes Gesamtsystem entwickeln, das in der Lage ist, mithilfe von Sensoren und Wärmebildkameras im Drohnenflug Feuerquellen aufzuspüren.

Welche weiteren Anwendungsszenarien seht ihr bzw. welche Kunden habt ihr im Blick?
Außer der Feuerwehr sehen wir auch Potenziale bei der Polizei, dem Technischen Hilfswerk, der Seenotrettung und der Hafenwirtschaft. Im Endeffekt überall, wo über längere Zeit eine autonome Überwachung stattfinden soll.

Woher stammt der Name des Projektes?
Ausgeschrieben bedeutet er Hydrogen Drone Refueling Operations – Base Utilization Navigation Network Yard. Etwas eingängiger dürfte das Bild sein von einem PKW-Anhänger, der wie ein Hase nach Bedarf im Gelände seinen Standort wechseln kann.

Was sind die Leistungsdaten des Systems?
Im genannten Zeitraum, grob den Sommermonaten, kann das System je nach Wetter drei bis vier Tage am Stück eingesetzt werden. Der Wassertank begrenzt die Wasserstoffproduktion, ist mit 500 L Kapazität aber großzügig ausgelegt und reicht für 50 kg gasförmigen Wasserstoff. Mit den 80 qm Solarfläche auf dem Anhänger können wir unter Idealbedingungen 0,09 kg/h produzieren, der Gastank der Drohne fasst 0,5 kg. Bei 16 Stunden Sonnenschein können bis zu 1,44 kg H2 am Tag hergestellt werden. Damit kann die Drohne nahezu 12 Stunden fliegen.

Wie kann man sich den Einsatz vorstellen? Was ist der Ablauf?

Es dauert etwa eine Stunde, bis das REALISE steht, also die Start- und Landerampe. Der Anhänger muss aufgebaut und gesichert, die Sonnenpaneele ausgeklappt, das System hochgefahren werden - insgesamt nimmt das ca. 1,5 Stunden in Anspruch. Nach dem automatischen Start der Drohne mit der REALISE-Anlage fliegt diese ihre vorprogrammierte Mission, auch außer der Sichtweite eines Piloten im sog. BVLOS-Flug (Beyond Visual Line of Sight). Nach Ende des Einsatzes wird die Drohne vom Schlitten des REALISE „aufgefangen“, indem er sich im Landeanflug dynamisch unter der Drohne positioniert, diese aufnimmt und abbremst. Das ist auch zu einem gewissen Grad bei Seitenwind möglich, wenn die Drohne mit Vorhaltewinkel landet. Danach wird die Drohne automatisch wieder in die Startposition gebracht, wo sie durch einen Roboterarm automatisch mit dem Tankrüssel bei 350 bar betankt wird. Im Anschluss ist sie wieder startbereit.

Welche Komponenten sind im Gesamtsystem verbaut?
Der Antriebsstrang der Wasserstoffdrohne besteht aus dem H2-Gastank, einer Pufferbatterie, der Avionik- und Elektronikbox, der Brennstoffzelle und dem Elektromotor. Es gibt zudem die Möglichkeit, eine Wärmebildkamera aufzunehmen. Eine bestehende Herausforderung ist der Tankstutzen an der Drohne selbst, der noch entwickelt werden muss. Bestehende Lösungen aus dem Automobilbau sind für unseren Zweck zu groß und zu schwer.

Wie sehen die weiteren Entwicklungsschritte aus? Wann wird die Marktreife erwartet?
Die Laufzeit des Forschungsprojektes ist vom 01. November 2024 bis zum 31. Oktober 2026. Das Gesamtvolumen des Projektes beträgt 1.192.000 €. Damit wollen die vier Partner – neben der TECCON Consulting & Engineering GmbH, dem ZAL Zentrum für Angewandte Luftfahrforschung GmbH, Ingenieure Marquardt & Binnebesel, Partnerschaft mbB und IFPT – Institut für Flugzeug-Produktionstechnik, TU Hamburg – einen Demonstrator PKW-Anhänger bauen. Wir sind stolz, dass es sich um ein ganzheitlich Hamburger Projekt handelt, gefördert durch die IFB Bank Hamburg. Sofern alles nach Plan klappt und das Konzept überzeugt, gehen wir im Nachgang auf Investorensuche für die Produktentwicklung.

Im Interview

Mein Name ist Jörg Manthey. Ich bin 59 Jahre alt und arbeite seit über 40 Jahren in der Luftfahrtindustrie. Als gelernter Metallflugzeugbauer und studierter Flugzeugbau-Ingenieur habe ich mir eine gute Basis geschaffen für meine diversen beruflichen Aufgaben. Hiermit konnte ich bereits Erfahrungen als Konstrukteur, Geschäftsführer, Vorstandsmitglied und selbständiger Unternehmensberater sammeln. Als Ingenieur-Dienstleister in der Luftfahrt habe ich immer mit spannenden und auch zukunftsweisenden Themen zu tun gehabt. Heute bin ich als Director Business Development bei der Firma TECCON in Hamburg-Harburg beschäftigt und bin parallel ehrenamtlich in verschiedenen Luftfahrt-Verbänden tätig.

Über Oliver Schenk

Profilbild zu: Oliver Schenk

Ich bin verantwortlich für den Bereich Marketing Wasserstoff und sorge dafür, dass die hiesigen Projekte und Formate in der Metropolregion Hamburg und darüber hinaus wahrgenommen werden. Um dem vielversprechenden Energieträger zum Durchbruch zu verhelfen unterstütze ich die Wasserstoffwirtschaft mit redaktionellen Beiträgen, Netzwerkveranstaltungen, Videoproduktionen und vielem mehr.

von Oliver Schenk